Aufbau und Herstellung kontaktloser Chipkarten

Kontaktlose Bezahl- und Ausweisvorgänge halten in immer mehr Bereichen Einzug in unser Leben. Kontaktlose Chipkarten sind dabei lediglich eine spezielle Form sogenannter RFID-Transponder. Diese finden in verschiedensten Formen Anwendung: als einfache Türöffner, Eintrittsbänder in Freizeitbädern mit denen man auch Speisen bezahlen kann oder multifunktionelle Chipkarten, die durch ihr Westentaschenformat besonders interessant sind.

Aufbau einer kontaktlosen Chipkarte

Die Hauptbestandteile einer kontaktlosen Chipkarte sind ähnlich denen der kontaktbehafteten. Zunächst benötigt man ein Chipmodul, z.B. in Form einer Mikroprozessorschaltung, deren Aufbau in Teil 2 näher erläutert ist.

Die Energieversorgung und Datenübertragung erfolgt aber nicht über eine Kontaktfläche, sondern unter Verwendung der elektromagnetischen Induktion. Das Induktionsgesetz besagt, dass in jeden elektrischen Leiter, welcher sich in einem veränderlichen elektromagnetischen Feld befindet, ein Strom induziert wird. Dies macht man sich zunutze, indem man Antennen in Form einer Spule baut und die Lesegeräte magnetische Wechselfelder oder hochfrequente Radiowellen aussenden lässt, wodurch Daten und Energie übertragen werden können. Die technischen Verfahren hierzu wurden aus der Funk- und Radartechnik übernommen. Die Bezeichnung RFID bedeutet Radio-Frequency-Identification, und wurde erstmals im Zweiten Weltkrieg, als Transponder in Panzern und Flugzeugen zur Freund-Feind-Erkennung eingesetzt. Kontaktlose Chipkarten sind also Sonderbauformen eines RFID-Transponders.

Um diese beiden Hauptbestandteile in Form einer Chipkarte für die Brieftasche zu bringen, benötigt man noch ein Trägermaterial. Dazu verwendet man vier PVC-Folien von etwa 0,2 mm Dicke (Die genormte Dicke von Chipkarten liegt bei 0,76 mm), zwei Inletfolien, welche den Kern der Karte bilden, sowie zwei Overlayfolien, welche als Außenseite dienen.

Aufbau einer kontaktlosen Karte

Die beiden Deckfolien werden mit dem Layout der Chipkarten bedruckt, worauf in einem älteren Blogbeitrag bereits eingegangen wurde.

Eine der beiden Inletfolien (Trägerfolie) wird mit der Antennenspule bestückt und diese mit dem Chipmodul verbunden. Um die Spulen zu fertigen, wurden vier unterschiedliche Verfahren entwickelt: Wickeltechnik, Verlegetechnik, Siebdruck- und Ätztechnik.

Die zweite Inletfolie dient als Abdeckung, aus ihr wird ein Hohlraum ausgestanzt, indem das Chipmodul der Trägerfolie Platz findet, der verbleibende Hohlraum wird häufig mit einer Vergussmasse aufgefüllt.

Herstellung der Antennenspulen

Die Spulen werden wie bereits erwähnt mit unterschiedlichen Verfahren produziert:

Bei der Wickeltechnik wird die Spule auf herkömmliche Weiße gewickelt, mit dem Chipmodul verschweißt und anschließend auf eine Inletfolie geklebt. Sie wird hauptsächlich für niederfrequente Signale (f<135kHz) eingesetzt, da sehr hohe Windungszahlen möglich sind.

Bei der Verlegetechnik werden zuerst die Chipmodule auf der Trägerfolie platziert und fixiert. Die Spule wird danach direkt in das PVC eingebrannt. Dies geschieht mithilfe einer sogenannten Sonotrode, welche aus einem Ultraschallgeber und einer Drahtdurchführung im Kopf besteht. Der Ultraschall erhitzt den Draht lokal so stark, dass er in die Folie einschmilzt. Nun wird gleichzeitig die Sonotrode bewegt und die Antennenspule somit „gezeichnet“. Die jeweiligen Enden der Spule werden anschließend mit einer Punktschweißanlage mit dem Chipmodul verbunden.

Die Siebdrucktechnik ist ein weit verbreitetes Verfahren in der Industrie, das beispielsweise bei der Herstellung von Tapeten, Schildern oder Textilien eingesetzt wird. Bei der Herstellung von RFID-Transpondern wird es eingesetzt, um eine Spule direkt auf eine Folie zu drucken. Als „Farbe“ nutzt man dabei Polymer-Dickfilmpasten (PTF = polymer thik film), welche aus Pulver eines leitfähigen Materials, einem Lösungsmittel und einem Kunstharz zur Fixierung bestehen. Nach dem Abtrocknen, dem Verdampfen der Lösungsmittel, bleibt ein leitfähiger Film zurück. Es ist ein sehr günstiges Verfahren, es können aber auch nur geringe Windungszahlen erzeugt werden. Es wird im Hochfrequenzbereich, bspw. bei Smart Labels, 0,1 mm dicke RFID-Inlays welche hauptsächlich für Selbstklebetiketten eingesetzt werden, verwendet.

Die Ätztechnik ist ein weit verbreitetes Verfahren zur Herstellung von gedruckten Leiterplatten (PCB= printed circuit board). Bei der Herstellung von RFID-Inlays wird dazu eine hauchdünne (35 µm – 70 µm) Kupferfolie auf die Trägerfolie laminiert. Diese wird mit einem Fotolack beschichtet, durch eine positive Schablone der zu druckenden Spule hindurch belichtet und in eine Entwicklerlösung gegeben. An den belichteten Stellen löst sich nun der Fotolack und im anschließenden Ätzbad werden alle Flächen, die nicht mehr von Fotolack bedeckt sind vom Kupfer befreit. So bleibt schließlich nur noch die gewünschte Spule übrig.

Verbindungstechnik und Laminieren

Da die Antennen mit verschiedenen Verfahren realisiert werden, benötigt man auch verschiedene Verbindungstechniken zwischen der Antennenspule und dem Chipmodul.

Spulen, welche aus Draht gefertigt werden, verbindet man mittels Mikroschweißtechnik. Dazu isoliert man den Anschlussdraht der Spulen jeweils an Anfang und Ende mit einem Spezialwerkzeug ab und verschweißt ihn anschließend durch Ultraschall mit den Kontakten des Chipmoduls.

Bei den Polymer-Dickfilmpasten der gedruckten Spulen versagen herkömmliche Schweißtechniken. Hier stellt man die Verbindung mittels eines leitfähigen Klebers oder der Schneid-Klemm-Technologie her. Bei letzterer durchstößt man die Anschlüsse des Chips mit einem Spezialwerkzeug, sodass zwei spitze Kronen entstehen. Diese drückt man anschließend durch die Folie auf die jeweiligen Leiterbahnen der gedruckten Spule.

Geätzte Spulen verbindet man durch herkömmliche Reflow-Lötverfahren, welche bei der Bestückung von SMD-Leiterplatten zum Einsatz kommen.

Im letzten Arbeitsschritt werden nun die einzelnen Folien miteinander verbunden. Dies geschieht, indem man sie passgenau miteinander fixiert und anschließend in einer Laminieranlage unter hohem Druck und mittels Zuführung von Wärme verschmilzt.

Anwendungen

Öffentlicher Nahverkehr

Hier schlummert ein hohes Entwicklungspotential, da gedruckte Fahrscheine, die fälschungssicher hergestellt werden müssen und meist nach einmaligen Gebrauch verbraucht sind, nicht nur unökologisch sind, sie verursachen auch enorm hohe Kosten für die Verkehrsbetriebe.

Durch den Ersatz der Papierfahrscheine durch ein modernes elektronisches Fahrgeld-Managment würden für alle Beteiligten Vorteile entstehen. Die Fahrgäste müssten kein passendes Bargeld mehr bereithalten, Bezahlvorgänge wären deutlich schneller und unkomplizierter. Die Fahrer kleiner Transportmittel, welche die Fahrscheine selbst verkaufen, würden sehr entlastet. Für die Verkehrsunternehmen würden die Betriebs- und Wartungskosten von Verkaufsautomaten enorm reduziert, Abrechnungen und die Gewinnung statistischer Daten wären leicht möglich und Schwarzfahren wäre erheblich schwieriger.

Etwa 50 % aller verkauften kontaktlosen Chipkarten werden für den ÖPNV verwendet, vor allem große Ballungszentren in Asien setzen auf elektronische Fahrausweissysteme. Das größte Projekt wurde bisher in der südkoreanischen Metropole Seoul realisiert, wo bereits 1996 über 8700 Busse mit kontaktlosen Terminals ausgestattet wurden. In Deutschland wurde bereits 1990 das Projekt Fahrsmart I in Lüneburg/Oldenburg, allerdings noch mit kontaktbehafteten Chipkarten realisiert. Im Laufe des Pilotprojektes zeigten sich dabei aber erhebliche Mängel. Anfang 1995 begann man deshalb das Projekt Fahrsmart II mit kontaktlosen Chipkarten. Bei diesem Fahrtsystem muss der Fahrende bei jeder Fahrt ein- und auschecken. Die gesammelten Fahrdaten werden an einen zentralen Server übermittelt, wo eine Software jeweils zum Monatsende für die zurückgelegten Strecken das preisgünstigste Ticket ermittelt (Einzelfahrt, Monatskarte, usw.).

Bei dem durch die EU geförderten Projekt ICARE führt man bereits seit 1996 Feldversuche mit multifunktionellen Chipkarten aus. In Venedig bspw. wurden Bootsanlegestellen mit Lesegeräten ausgestattet, deren Tickets dann auch als Eintrittskarten für Museen, Hotels oder als Parkticket genutzt werden können.

Kontaktloser Zahlungsverkehr

Hierbei unterscheidet man zwischen geschlossenen und offenen Zahlungsverkehrsystemen.

Geschlossene Systeme funktionieren nur innerhalb eines bestimmten Bereiches für einen bestimmten Anbieter. In den Mensen von Universitäten und modernen Fußballstadien wie Veltins-oder Allianz-Arena setzt man schon länger auf kontaktlose Chipkarten. Aber auch andere RFID-Systeme, z.B. die Armbänder in Freizeitbädern, finden hier Anwendung. In den meisten Fällen werden hierbei Prepaid – Systeme und einfache Speicherkarten eingesetzt.

Bei offenen Systemen dienen die kontaktlosen Chipkarten als Bargeldersatz, sie basieren auf globalen Standards, wie die EMV – Spezifikation (Europay, Mastercard, Visa) und sind nahezu weltweit nutzbar.

Aufbau und Herstellung kontaktloser Chipkarten

Personalausweis und Elektronischer Reisepass

Der EU-Reisepass wurde bereits 2006 nach EU-Verordnung in allen Mitgliedsstaaten eingeführt. Er ist ein RFID-Transponder mit Mikroprozessor in Form einer dünnen Folie, die in herkömmliche Reisepässe integriert werden kann. Er speichert Namen, Geburtstag und Geschlecht, sowie ein Foto des Inhabers. Seit 2008 werden auch die Fingerabdrücke des Besitzers gespeichert.

Der neue Personalausweis ist eine kontaktlose Chipkarte die alle aufgedruckten Daten, sowie das Lichtbild in höherer Auflösung speichert. Auf Wunsch lassen sich auch die Fingerabdrücke speichern und ein elektronischer Identitätsnachweis integrieren, mit dem man z.B. mit Hilfe eines Lesegerätes die sichere Identifikation in Online-Portalen ermöglicht. Über private Anbieter ist auch das Nachrüsten eines Zertifikates für digitale Unterschriften möglich.

ID-Karte und (E)passport